Zum Thema "Organisation und Kritik"
Die Jahrestagung der Sektion findet zum Thema "Organisation und Kritik" statt und wird von den Professuren für Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Wissenschaftliche Weiterbildung und Weiterbildungsforschung (Prof. Dörner) an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg und Pädaogik in der Sozialen Arbeit (Prof. Damm) an der Hochschule Magdeburg-Stendal organisiert.
An beiden Professuren gehört die Beschäftigung mit Weiterbildung in ihren organisationalen Zusammenhängen zu den Schwerpunkten in Forschung und Lehre. Sowohl in theoretischen und empirischen Analysen, aber auch in praktisch-professionellen Zusammenhängen der Weiterbildung ist Kritik sowohl als zu beobachtendes Phänomen als auch als wissenschaftliche Haltung immer wieder von Bedeutung.
Als Beurteilung von Handlungen und Dingen ist Kritik fester Bestandteil menschlicher Praxis. Wir nehmen Dinge in einer bestimmten Art und Weise wahr, interpretieren und beurteilen sie, stellen sie in Frage oder nicht. Bestehende Dinge in Frage zu stellen, ist der Kern von Kritik. Kritik selbst wiederum äußert sich in vielfältiger Art und Weise. Wir haben es somit nicht nur mit Gegenständen der Kritik zu tun (Was ist und wird kritisierbar?), sondern immer auch mit Formen der Kritik. In der alltäglichen Praxis ist Kritik vor allem negativ konnotiert und wird geäußert, wenn es um Beanstandungen geht, wenn auf Fehler, Versäumnisse, Mängel o. Ä. verwiesen wird. In nicht-alltäglichen und professionellen Zusammenhängen hingegen äußert sich Kritik primär als rationale und systematische Beurteilung, enthält abgewogene und begründete Einschätzungen. Alltägliche oder professionelle Kritiken müssen – sollen sie erfolgreich sein, also die Adressat*innen der Kritik erreichen und überzeugen – begründet sein. Begründungen erfordern normative Kriterien und Maßstäbe jenseits des kritisierten Phänomens und insofern geht es bei Kritik auch um die Bedingungen ihres Zustandekommens und ihrer Äußerung.
Kritik gehört ebenso zum festen Bestandteil von Organisationen: Sie kritisieren und werden kritisiert. Und sie gehen mit Kritik unterschiedlich um. Hier eröffnen sich theoretisch, empirisch und pragmatisch Möglichkeiten und Herausforderungen einer organisationspädagogischen Verhältnisbestimmung von Organisation und Kritik. Die Tagung möchte dies in Bezug auf mindesten drei Perspektiven diskutieren:
- Inwieweit bedingt das Verhältnis von Organisation und Kritik Lernen bzw. Lernfähigkeit in, von und zwischen Organisationen? Zu fragen ist nach Kritik in, von und an Organisationen, die Lernen oder auch Bildung und Erziehung befördern.
- Darüber hinaus ist das Thema Kritik für wissenschaftsdisziplinäre Fragen bedeutsam. Wissenschaft beansprucht genuin für sich, kritisch zu sein. Auch Organisationspädagogik muss sich fragen, inwieweit sie eine (selbst-)kritische Disziplin ist, sein kann und sein soll. Insbesondere mit Blick auf eine kritische Erziehungswissenschaft sind Positionsbestimmungen notwendig (auch um der Gefahr zu entgehen, nur das als kritisch zu verstehen, was sich als kritisch bezeichnet). Inwieweit geht es bspw. um die Diagnose von Strukturen in Organisationen, um die Rekonstruktion historischer Prozesse, um konstruktiv-kritische Beratung, emanzipatorische Einmischung oder pädagogische Intervention? Inwieweit schließlich kann es gelingen, theoretische Annahmen und (verdeckte) normative Grundlegungen freizulegen und zu thematisieren?
- Und nicht zuletzt geht es auch um Fragen der Reflexion darüber, inwieweit wissenschaftliche und pädagogische Professionalität zu dem beitragen, was sie selber kritisieren.